Wie gut ein Patient nach einer schweren Operation oder Verletzung wieder auf die Beine kommt, hängt ganz entscheidend von seiner körperlichen Fitness und seinen Muskelreserven ab. So verkraften sportliche Senioren größere Eingriffe oder umfangreiche Therapien wie eine Chemotherapie in der Regel besser als deutlich jüngere Untrainierte. Wer eine Woche ans Bett gefesselt ist, verliert 20 bis 25 Prozent seiner Muskelmasse. Und es dauert mindestens sechs Wochen, bis diese bei regelmäßigem Training wieder aufgebaut ist. Mediziner sprechen bei einem Verlust von Muskelmasse und -kraft auch von einer Sarkopenie. Seit Kurzem ist diese eine anerkannte Erkrankung.
Ab dem 30. Lebensjahr baut der Mensch bis zu ein Prozent Muskeln pro Jahr ab. Die Muskeln werden nach und nach in Fett umgewandelt. Ohne Sport büßt ein Mensch bis zum 80. Lebensjahr bis zu 40 Prozent seiner Muskelmasse ein. Mit 100 hat sich die Muskelmasse dann um 70 Prozent reduziert. Und das hat Folgen für den gesamten Organismus: Weniger Muskelmasse bedeutet, dass Stoffwechsel und Energieverbrauch heruntergefahren werden. Daraus resultieren ein verringerter Appetit und eine reduzierte Nahrungsaufnahme. Die Folge: Betroffene werden noch schwächer, sie bewegen sich weniger – und die Muskelmasse geht noch weiter zurück. Die Gefahr von Stürzen und Knochenbrüchen nimmt zu.
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Die gute Nachricht ist, dass sich der Muskelabbau durch regelmäßige Bewegung aufhalten und sogar umkehren lässt – egal in welchem Alter. Allerdings reicht ein Spaziergang nicht aus. Die Muskeln müssen durch Ziehen, Drücken oder Heben angesprochen werden. Die Muskulatur muss also gezielt trainiert werden, damit sie sich nicht weiter reduziert. Betroffene sollten dabei an ihre Grenzen gehen. Experten gehen davon aus, dass 140 bis 150 Minuten Training pro Woche nötig sind, um Kraft aufzubauen – entsprechend fünf Mal 30 Minuten Training.
Ist die Hürde, ins Fitnessstudio zu gehen, für den Patienten zu hoch, raten Mediziner, Trainingseinheiten in den Alltag einzubauen. Es hilft, tägliche Rituale wie zum Beispiel das Fernsehschauen mit Übungen zu verknüpfen. Diese müssen individuell auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt sein.
Beispiel-Übungen für über 60-Jährige:
Beispiel-Übungen für über 70-Jährige:
Neben dem regelmäßigen Training spielt die Ernährung einen wichtige Rolle: Eiweißreiche Lebensmittel unterstützen den Muskelaufbau. Laut Experten benötigen ältere Menschen rund 25 Prozent mehr Eiweiß als jüngere, um Knochenstruktur und Muskulatur zu erhalten. 1 bis 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht sollten täglich verzehrt werden. Optimal ist es, die Eiweißzufuhr auf die drei Hauptmahlzeiten zu verteilen, denn maximal 30 Gramm Protein pro Mahlzeit kann der Körper effizient zur sogenannten Muskelproteinsynthese verwerten.
Allerdings spielt nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität des Proteins eine wichtige Rolle. Besonders gut sind Molkeproteine, die wichtiger Bestandteil der Milch sind. Diese Proteine haben einen hohen Leucingehalt. Die essenzielle Aminosäure ist wichtig für den Muskelaufbau. Leucin ist zum Beispiel auch in Rind- und Geflügelfleisch, Lachs, Erbsen oder Walnüssen enthalten.
Für den Muskelstoffwechsel spielt auch Vitamin D eine wichtige Rolle. Um dieses zu produzieren, benötigt der Körper Sonnenlicht. Rund 60 Prozent der Deutschen leiden in den Herbst- und Wintermonaten unter Vitamin-D-Mangel. Hinzu kommt, dass bei älteren Menschen die Biosynthese des Vitamins in der Haut verzögert ist. Experten empfehlen deshalb die Einnahme von mindestens 800 IE (internationalen Einheiten) Vitamin D pro Tag.
Quelle dieses Beitrags: NDR Ratgeber Gesundheit
Der Muskel kann viel mehr als bewegen. Er ist das grösste hormonelle Organ unseres Körpers. Wird er bewegt, sendet er heilsame Botenstoffe aus, sogenannte Myokine. Die können gar Krebs und Demenz verhindern. Dabei sind von den 700 Myokinen erst bei 10 Prozent die Funktionen bekannt.